Für das Magazin von Slow Food Deutschland schreibe und fotografiere ich jetzt schon seit zwei Jahren die Köche:innenportraits, jeweils gekoppelt mit einer Warenkunde zu einem Lebensmittel der Saison. Dieses Mal ist es – oh, wie unspektakulär – der Kopfsellerie, der niemals Träger meiner Sympathie war, aber, hört man ihm zu, Erstaunliches zu bieten hat.
Umso spektakulärer finde ich Ute-im-Bikini, die familiengeführte Strandbar an der Westseite der Kieler Förde, an der es ganz besonderen Brunch und die besten Pommes des Westufers gibt. Ein Interview mit Chef Alliance-Köchin, Unternehmerin, Küchenmeisterin und Mama Nele Witt und drei ungewöhnliche Rezepte:
Hier geht’s um Wein! Wie ihr vermutlich wisst, ist nach einer ausgiebigen Weinprobe das Bierchen danach nicht nur ein schönes Ritual für den Feierabend-Geist, sondern auch dem Körper eine Wohltat, weil es die Säure im Bauch ein bisschen ausgleicht. Aber jetzt fange ich von hinten an. An den Anfang der Geschichte gehört Diane Boldt.
Diane Boldt ist in Bremen die Weinhändlerin meines Vertrauens, weil sie Wein so vermittelt, als sei er was zu Trinken und keine Wissenschaft. Zusammen haben wir das speeddatingartige Trink-Lernformat PROTAGONISTWEIN entwickelt, mehr dazu und die kommenden Veranstaltungen, hier:
https://www.gluckgluck.net
Wer jetzt meint, er wohne auf der falschen Weserseite, um im Buntentorsteinweg einzukaufen, kann sich entspannen und sich mit dem Lastenfahrrad was von GluckGluck bringen lassen. Diane gehört an den Anfang, denn sie hat mich mit Lara von Ocaldo bekannt gemacht, die galicische Weine von kleinen Erzeugern nach Deutschland verkauft und Protagonistin meiner Weingeschichte im Effilee Magazin geworden ist, bei der ich gelernt habe, dass Spanien nicht gleich Spanien ist.
Bei der ich, die größte Zeit in Gummistiefeln, wunderbare Winzer vom Rias Baixas bis Ribeiro kennen gelernt habe, erstaunliche Dinge probiert und geschmeckt, gestaunt, unendlich viel geredet und auch was mitgeschrieben habe:
Habt viel Spaß beim Reinlesen und Reintrinken, zur weiteren Einstimmung hier noch eine Weinrezension von einer Flasche, die in der Geschichte nicht vorkommt:
2020, Spanien, Galicien, Rias Baixas, Bodegas Golpe a Golpe, tinto a tinto, 11.5 % Caiño Tinto und Espadeiro
Düster beim Einschenken, gegen die Sonne leuchtet er wie Samtvorhang in einem teuren Theater, ohne Sonne kann man nicht hindurchsehen. Dunkel, aber nicht trüb. Er riecht so körperlich wie Essigmutter, etwas kreidig, Moltofill? Mit Roter Grütze? Saure Kirschen und Holzfass, freundliches Tannin. Ein antikes Möbel steht rum, ein Duft zwischen Kitt und Gummi, dann Blut. Beim zweiten Schluck hat er weiches Herz aus Kirschsaft, trägt einen schönen Lorbeerkranz, ganz anders als die Rosen und Nelken, die der blutäugigen Frau auf dem Etikett aus dem Kopf wachsen. Altmodisch schmeckt er, vornehm oder adelig, aber nicht blasiert und oberflächlich. Wir haben uns bestimmt was zu erzählen, auch über dunkle Geheimnisse und Schwächen unserer Kirschenherzen. Das Holz im Kamin knistert, ein trockener, gut erzogener Hund kommt vorbei. Wie heißt noch dieses Wort, das Leid in feierlich schön ausdrückt? Pathos? Mit diesem Wein kann man gut weinen. Wenn du eigentlich nicht weinen willst, du krampfst dich tapfer zusammen und dann kommt einer, der nimmt dich in den Arm. Tschüß, Selbstbeherrschung, jetzt ist es auch egal. Was ist denn das Blaue im Abgang? Blaues Blut? Ich rieche Steine, Backsteine, ein Stück Nelke im Zahn? Oder doch ein bisschen Flohhalsband? Wäsche? Heißmangel riecht so!
Was legt er beim zweiten Glas für eine Platte auf? Bestimmt „Oh that Cello“ von Charlie Chaplin. Das Lied vom traurigen Sonntag, zu dem sich alle umgebracht haben, würde noch besser passen, aber das höre ich nachher zu Hause.
Zu Essen? Boudin natürlich, Rote Beten, Kirschen in schwarzer Jus. Hirsch, Munition, Autan, Ballistol. Etwas zerstörerisch Versöhnliches. Erstaunlich. Der Schluck Wasser danach schmeckt so süß, als hätte man viel zu lange nichts getrunken und würde wiederbelebt.
Helle hat mir neulich einen Wein geschenkt, der aus einer Karstlandschaft in Norditalien kommt und dessen Rebsorte fast ausgestorben wäre, weil alle nur noch Chardonnay trinken wollten: die Vitovska. Im aktuellen Effilee Magazin steht eine kleine Rezension darüber, bestimmt habt Ihr sie schon gelesen. Jetzt gibt’s noch ein Rezept dazu, weil ich gerade nicht nur in Wein, sondern auch in das Thema männliche Jungziegen aus der Milcherzeugung tiefer eintauche – warum genau, erzähle ich ein anderes Mal. Stattdessen ein kurzer gedanklicher Anstoß zum Thema Tiere essen Ja oder Nein in Sachen Ziege, ein Auszug aus einem meiner Texte für Slow Food Deutschland:
Seit den 90ger Jahren ist Ziegenkäse in Deutschland keine exotische Delikatesse mehr, sondern immer und überall zu haben und voll im Trend. Weil sein Ruf, streng zu riechen sich verflüchtigt hat, weil viele Menschen Kuhmilch nicht mehr vertragen und wegen der romantischen Vorstellung, dass es bei Ziegen keine Massentierhaltung gäbe. Alle wollen Ziegenkäse. Der Denkschritt, dass Käse aus Milch gemacht wird und dass es Milch nur geben kann, wenn ein Muttertier gelammt hat, wird dabei weggelassen. Wo Milch entsteht, entsteht auch Fleisch – denn die Hälfte der Kitze sind männlich. In Deutschland landen allein 10.000 Ziegenlämmer pro Jahr auf dem Müll.
Ich habe einen neuen Koch- und Fotografier-Freund. Was wir so machen, ist natürlich streng geheim, es hat – wie fast alles Gute – mit Speck, Vergänglichkeit und den schönen Momenten zu tun. Aber was Norbert so macht, wird im Slow Food Magazin verraten, in einem Interview von mir, das mitten auf dem „Mee“ im schönen Würzburg stattgefunden hat. Sogar Chicorée Rezepte gibt es – das ist bitter!
Mein letzter Eintrag ging kurz vor den Sommerferien online und ich habe gar keine Ausrede dafür, warum diese ganze Seite so verloddert ist. Auch wenn viel zu tun gewesen wäre, selbst im Dezember – wäre nicht die Quarantänepause dazwischengekommen. Die war einerseits bedrohlich, wegen des temporären Verlusts von Geruchs- und Geschmackssinn, andererseits ganz wundervoll mit so viel Zeit mit mir ganz allein. So ist es dazu gekommen, dass die Quarantänepause sich als mein einziger Vorsatz für 2022 ff. entpuppt hat: Das mache ich jetzt jedes Jahr! Ansonsten mache ich mir statt Vorsätzen lieber Zugeständnisse und guilty pleasure Listen, ich hänge nämlich auf einer tropischen Insel fest, da geht’s schon los mit CO2 im weißen Sand. Mit dem Rauchen habe ich nicht aufgehört und ich esse Tiere schon zum Frühstück, obwohl Januar ist. Das Bier „NENN MICH NICHT FOODIE – Epilog zum Jahreswechsel“ weiterlesen
Auch wenn alle gerade in Fermentierlaune sind, hat das Sauerkraut noch immer einen gutbürgerlichen Ruf – ein Begriff, mit dem wir heute wohl eher Arbeiterküche meinen. Oder die sogenannte Hausmannskost der Menschen, die nicht zum Yoga gehen sondern Fußball schauen. „SAUERKRAUT PASST NICHT ZU YOGA“ weiterlesen
Diese Flasche Wein hat mir Renate Lieb geschenkt, als ich sie vor ein paar Monaten auf der schwäbischen Ostalb besucht habe, um ein Portrait für das Slow Food Magazin über sie zu schreiben. Ich habe sie aufgehoben, um in Gedanken mit Renate anzustoßen, wenn die Strecke gedruckt ist – das ist sie jetzt.
Mit Kochzeitschriften habe ich wenig am Hut, außer wenn es sich um mein Lieblingsmagazin handelt. Es ist ein kulinarisches Kulturmagazin, heißt Effilee und wird seit 2008 in Hamburg gemacht. Es ist kein Rezeptheft, obwohl Rezepte drin sind. Es ist weder spezifisch für Damen oder Herren, was ja sowieso am Herd Quatsch ist. Man kann damit nicht abnehmen. „MEINE OMA – die ersten Enkelportraits im Effilee-Magazin“ weiterlesen
Weil Euch das Salzzitronen-Supertool so gut gefallen hat, hier ein anderes, das mich mindestens durch diesen Sommer täglich begleiten wird. Viel Protein, kein Tier, alles ist möglich. Schmeckt aber auch zu Tier…
Bohnen-Walnuss-Crème inspiriert von Darias Omas richtigem Rezept