SOUVENIR AUS ALBANIEN – Blaubeerpfannkuchen wie bei Großmutter

Ich komme zu Hause an und mache meinen Koffer auf. Viel brauchte ich nicht für die vier Tage. Nur einen Anzug, ein paar Messer und meine allerbeste weiße Kochuniform. Die befindet sich nun in einer heterogenen Mischung aus Mehl und eingemachten Blaubeeren. Zwei Riesentüten hausgemachter Geschenke habe ich zum Abschied vom Mullixhiu bekommen, dem Restaurant in Tirana, bei dem ich am Wochenende als kulinarischer Botschafter gekocht habe. Gemeinsam mit Bledar Kola, dem dortigen Küchenchef haben wir im Auftrag der Deutschen Botschaft ein 7-Gänge-Menü mit albanischen und deutschen Zutaten gekocht. Mullixhiu, das heißt Müller.

Blick in die Mühle, hier werden alte Getreidesorten täglich frisch gemahlen und verarbeitet

Aus der hauseigenen Getreidemühle habe ein paar Kilo des frischesten Mehls, das ich je gegessen habe, im Koffer, Gott sei Dank zum Teil noch in Papiertüten, schnell gepackt zwischen Brot, geräuchertem Ricotta, Wein und eingelegten Walnüssen. Im Balkan hat Zeitmanagement eine andere Bedeutung als bei uns – wir hatten es mal wieder eilig vor der Abreise. Trotzdem haben wir alles fantastisch und mit Freude abgeliefert, auf sieben Tellern sind seine und meine Heimat vereint, begleitet von ausgesuchten albanischen Weinen. Pünktlich sogar! Zum Abschluss gab es Heidekorn aus Bremen, aromatisiert mit den Aromen meiner Kindheit: Wacholder und Orangenschalen. So, wie meine Mutter immer noch ihre beste Marmelade abschmeckt. Und so sah unsere albanisch-deutsche Fusion als Menü aus: „SOUVENIR AUS ALBANIEN – Blaubeerpfannkuchen wie bei Großmutter“ weiterlesen

KRAUT – über den kleinen Rassismus gegen mich selbst

Wir Deutschen wurden jahrzehntelang gern nach einer elsässischen Spezialität benannt, so wie die Italiener nach einer von Marco Polo aus China mitgebrachten Teigware. Auf die heutige Zeit übertragen wären wir wohl heute alle Pizzas oder Döners, wenn nicht gar Weltburger.

Ich habe schon früh begonnen mich meiner Nationalität zu schämen. Daran waren gar nicht meine Eltern schuld, bei denen Kartoffeln angesagter als Spaghetti waren, sondern ich ganz alleine. Schon als Kind wollte ich nie einen langweiligen Deutschen heiraten, sondern einen Indianer oder Eskimo. Nur waren die selten anzutreffen. Einmal war meine Mutter mit mir in einem Hamburger Kaufhaus bei den chinesischen Wochen. Alles war wie im Märchen. Schwarzlackiert, Rot und Gold mit Drachen und mysteriösen Schriftzeichen. So entschied ich mich für einen Chinesen. Einen der Klavier spielen kann. Denn, wenn einer Klavier spielen kann, ist der Rest schon fast egal. „KRAUT – über den kleinen Rassismus gegen mich selbst“ weiterlesen

SAMENFEST – nicht ärgern, nur wundern

Wie überlebt man in einer Welt, in der zwei Dosenbier weniger kosten als eine Zitrone? Warum kann ich zwei Sweatshirts zum Preis von einem gezapften Bier an der Touristenpromenade kaufen? Warum nur gibt es Fitnessdrinks für Perserkatzen und kalten Kaffee im Tetrapack? „Nicht ärgern, nur wundern“, so hat meine Großmutter Mariechen immer gesagt. Ich wundere mich ausgiebig. Über sowas und über das Wunder auf meinem Balkon, der von zwei riesigen Bohnenpflanzen dominiert wird – gezogen aus zwei winzigen, verschieden bunten Hosentaschen-Mitbringseln aus dem letzten Urlaub. „SAMENFEST – nicht ärgern, nur wundern“ weiterlesen

WURST IST KEIN SPASS – über Achtsamkeit beim Essen

Der Mann, mit dem ich in einem Bett schlafe, kommt aus einer bergigen Gegend im deutschsprachigen Raum und spricht viel ordentlicheres Deutsch als ich. Seit wir zusammen sind, werde ich wieder mit Sachen fertig. Nicht fäddich, wie zuvor. Und womit ich fertig werde, damit kann ich was anfangen. „WURST IST KEIN SPASS – über Achtsamkeit beim Essen“ weiterlesen

FUNDSACHEN– Knipp-Burger mit Apfelmus von der Straße

Es gibt so Tage, da kann ich meinen Stadtteil nicht mehr sehen. Damit meine ich nicht den Umstand, dass mir regelmäßig in den Hauseingang gepinkelt wird. Sondern eher, dass alles irgendwie zu viel Bedeutung hat. Welche Schuhe man trägt, mit wem man cornert, was man nicht hört mit’m großen Kopfhörer oder nicht isst oder überhaupt macht oder nicht. Kennst Du das? „FUNDSACHEN– Knipp-Burger mit Apfelmus von der Straße“ weiterlesen

HOW TO SURVIVE IN A KITCHENETTE

HOW TO SURVIVE IN A KITCHENETTE – Plastikflaschen nose-to-tail

Spätestens nach meinem ersten Besuch auf dem Rialto-Markt habe ich mir abgewöhnt, in Hotels zu übernachten.  Kennst Du das? Über einen Freshmarket mit den herrlichsten Lebensmitteln zu spazieren, alles, einfach alles haben zu wollen und nichts kaufen zu dürfen, weil dein Zimmer keinen Herd hat? Seitdem versuche ich immer, Privatzimmer mit Kochgelegenheit zu finden.

Was ich immer mitnehme: mein Kochmesser, ein Schneidbrettchen, damit ich mir ersteres erhalten bleibt, ein sauberes Geschirrtuch in neutraler Farbe, weil ich schon tausend extrem geblümte aus aller Welt habe, und einen Sparschäler, der wirklich sparschält. Der hilft auch bei der Einreise in Länder, bei denen gerne mal das Gepäck kontrolliert wird – denn Attentäter schälen nicht spar. Neuerdings nehme ich übrigens auch ganz gerne einen Ingenieur mit, denn der biegt die besten Rührbesen und Fleischerhaken aus einem Drahtkleiderbügel. Aber zurück in die Küche. „HOW TO SURVIVE IN A KITCHENETTE“ weiterlesen

AUSTERN-CARBONARA

Denken Sie groß

APOKALÜBKES AUSTERN-CARBONARA

Ich habe einen sehr praktischen Beruf. Nicht, weil er so familienfreundlich ist, sondern weil einem manchmal Dinge zufliegen. Talente, abgelaufenes Bier, Leichtsinn und Mut oder in diesem Fall Austern und Dolce&Gabbana-Spaghettini.

Kennst Du das Video „Denken Sie groß“ von Deichkind? Es handelt von einem, der Träume hat und fest an sich glaubt. Meine Lieblingsstelle ist die, wo sich „Trinken Sie den Baikalsee auf Ex“ auf „Blattgold auf die Smacks“ reimt. Auch in meinem Gewürzschrank befindet sich ein bisschen – selbstverständlich zugeflogenes – Blattgold. Ich finde es auf Rührei besser als auf Smacks, weil es um Blattgold ja geschmacklich und im Leben selten geht, sondern eher um Eier. Mit der Formulierung, etwas sei gut für die Eier, haben wir in unserer Köche- und Köchinnen-Jugend so einigen Zeitgenossen dazu gebracht etwas zu essen, die er niemals essen wollte. Und mit Eiern macht man Carbonara – klassisch. Oder aber dieses Superpowafood: AUSTERN-CARBONARA. Für Hangover-Momente oder hormonellromantisches mis en place.

 

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GERÖSTETER BLUMENKOHLSALAT MIT GRANATAPFEL

Karfiol stinkt

GERÖSTETER BLUMENKOHLSALAT MIT GRANATAPFEL

Keinen guten Ruf hat er, der Blumenkohl. Wo Blumenkohl gekocht wird, riecht es immer ein bisschen nach Seniorenresidenz, Kinderheim oder Krankenhaus. Den Weg in die gehobene Küche findet er, wie sein Verwandter Broccoli auch eher selten – ist er doch das, was man dort ein Weibergemüse nennt. Söhne haben damit wenig zu tun. Mein wohlbehütet aufgewachsener Freund Simon, mit dem ich Anfang der 90ger zusammenzog – es war seine erste eigene Wohnung – wusste zum Beispiel gar nicht, wie einer aussieht. Auch nicht, dass man eine Toilette mal putzen muss, obwohl doch immer Wasser durchläuft – aber das ist eine andere Geschichte. Trotzdem hat er auf meinen Wunsch Blumenkohl vom Türken mitgebracht. Strahlend vor Stolz kam er zur Tür rein mit den Worten: „Ich habe das gekauft, was wie eine Wolke aussieht!“ Bravo.

Also lasst ihn uns rausholen, den Blumenkohl aus der müffeligen Ecke und ihm einen frischen Schuss Orient verpassen. „GERÖSTETER BLUMENKOHLSALAT MIT GRANATAPFEL“ weiterlesen

AUBERGINEN-LAMMRAGOUT

Für schlechte Zeiten

APOKALUEBKES AUBERGINEN-LAMMRAGOUT

Gestern waren Gäste da. Genau genommen ein ganz besonderer Gast, nämlich Herr Vuitton, der mir beim Erstellen dieser Seiten und auch anderweitig Beistand leistet. Es gab viel zu erzählen und eine Lammkeule aus dem Ofen, wie ich sie sonst zu Weihnachten mache. Und so sah die Küche danach auch aus:

Kennst Du das? Man traut sich nach dem Aufwachen nicht recht dran an den großen Aufwasch und macht sich stattdessen inmitten des Chaos noch ein Leberwurstbrot „für ins Bett“ mit schön Senf. Und dabei kommt die Vorfreude darauf, was und wie viele Mahlzeiten man noch plietsch mit den Resten machen kann – ist ja noch Fleisch am Knochen.

 

Gestärkt ändere ich diesen Umstand und setze Knochen mitsamt dem würzigen Röstansatz aus Fenchel, Chili, Koriander, Kumin und Kardamom in kaltem Wasser an. Der Rest vom guten Roten kann auch hinein, denn zum Trinken ist es echt noch zu früh. Muss aber nicht. Auch schön: Orangensaft. Während es beruhigend blubbert und sich all das Gute aus den Knochen in die Flüssigkeit bewegt, erledige ich den Abwasch und entdecke noch eine Aubergine, die ich würfele und in gutem Olivenöl anbrate. „Molto olio – molto caldo“, an diesen Satz meiner sizilianischen Kochlehrerin muss ich immer denken, wenn ich Auberginen zubereite. Ich liebe überhaupt Fett. Aber das ist eine andere Geschichte.

Parallel setze ich schnell ein Tomatensößchen mit ordentlich Knoblauch und Zwiebelwürfeln an. Weil gerade alles so schön sauber ist, ersetze ich die gehackte Sardelle im Ansatz durch einen beherzten Dash Fischsauce. Während beides vor sich hin köchelt, suche ich Schraubgläschen mit passenden Deckeln aus dem Keller zusammen und schneide das Bratenfleisch in kleine Würfel. „AUBERGINEN-LAMMRAGOUT“ weiterlesen

APOKALUEBKES AVOCADO-SCRUB

APOKALUEBKE – meine Küche gegen den Weltuntergang

Schöne Hände und Füße – APOKALUEBKES AVOCADO-SCRUB

Manchmal liegen gut und schlecht sehr nah beieinander. Die Avocado hat zum Beispiel überhaupt keinen guten Ruf bezüglich ihrer Klimafreundlichkeit, einerseits wegen des hohen Wasserverbrauchs, andererseits wegen der extrem langen Transportwege. Das ist die Realität. Aber realistisch ist auch, dass ich manchmal eine kleine Sünde begehen muss, um mich wohl und mit dem Kosmos im Einklang zu fühlen. Damit klar wird, dass hier jeder machen kann, was er will, weil das nämlich das echt gesund ist, fange ich gleich damit an. Nicht in Massen, aber mal so eine zum Frühstück, wenn ich sie unbedingt haben will. Wenn ich etwas unbedingt haben will, egal, was es ist, weiß ich, dass mein Körper mich nicht anlügt, denn ich kann instinktiv essen. Das, worauf ich Appetit habe ist auch gesund für mich. * Was das angeht, hatte ich eine echt glückliche Kindheit, denn ich bin ohne Industrielebensmittel und Zusatzstoffe großgeworden. Es gab, was es gerade gab, was im Garten wuchs oder an der Angel hing. Danke hierfür an meine Familie. Ich wünsche mir, dass es in Zukunft wieder mehr Kindern so gehen wird, damit sie eine Chance auf ein gesundes Erwachsenenleben haben.

Avocado essen: wie Du willst. Einfach löffeln mit Meersalz und Zitrone, in denKartoffelstampf gematscht, ins Dressing püriert, gewürfelt mit Tomaten, Chili und Koriander oder fruchtig mit Mango und Krebsfleisch – oh, da haben wir schon wieder eine Sünde, denn auch die Mango gedeiht in unseren Breiten nicht so gut und wir wollen doch versuchen, möglichst regional zu essen – zumindest, so lange wir zu Hause sind.

Aber mir geht es um den Kern der Sache: um den Avocado-Kern. „APOKALUEBKES AVOCADO-SCRUB“ weiterlesen