DER LETZTE SPARGEL

Am 24. Juni ist Spargelsylvester – wie die Zeit vergeht! Zum Schluss noch mal was richtig Schickes:

Steaks vom Damwild mit gedünstetem Spargel und karamellisierten Kräuterseitlingen

Spargel und Rotwein? Spargel und Wild?

Beides klingt erst mal ungewöhnlich – ist aber möglich. Hier ein Beispiel, „DER LETZTE SPARGEL“ weiterlesen

PROTAGONIST WEIN – Corona-Edition

PROTAGONIST WEIN, so heißt eine noch ziemlich junge Veranstaltungsreihe von meiner Lieblingsweinhändlerin Diane Boldt und mir. Sie betreibt die GluckGluck Weinhandlung  in der Neustadt und wir kennen uns schon lange, mögen Riesling und Silvaner und arbeiten wirklich gern zusammen. Vielleicht, weil wir ganz in der Nähe voneinander Geburtstag haben.

Die Ambition von Protagonist Wein ist, den Wein das Essen bestimmen zu lassen, nicht andersrum. Diane gibt mir fürs Menü vorab drei Weine, die ich nicht kenne, ich probiere zu Hause und denke mir ein Menü dazu aus. Ich lese nicht das Etikett und ich recherchiere nicht im Netz – ich rieche und schmecke und mache mir Notizen, lerne ohne Bücher kennen. Wer bist Du? Was willst Du von mir? Was gibst Du mir? Ich sammle ALLE Assoziationen, die mir in den Kopf kommen. Musik, alte Möbel, Erinnerungen, Landschaften, verrostete Tore, Gardenien und Autoreifen….. daraus entsteht dann das Menü. 3 Gänge, 3 Weine. Leider mussten wir aus bekannte Gründen all diese Veranstaltungen absagen. Als kleinen Trost für die Menü-Verschiebungen gibt es jetzt kulinarische Inspiration für zu Hause, direkt auf den Wein gekocht. Schaut hier:

Welcher Wein passt zum Essen?

Das ist die Frage, die Weinhändlern, Sommeliers und Köchen jeden Tag gestellt wird. In unserer Kooperative PROTAGONIST WEIN drehen wir den Spieß um. Der Wein bestimmt das Essen. Diane Boldt (GluckGluck Weinhandel) sucht einen Wein aus, Luka Lübke (Apokaluebke KgW) schmeckt dem nach und kocht dazu.

link zum Weinladen

Guten Appetit und zum Wohl!

Diane Boldt und Luka Lübke

Angebackene Ziegenrolle mit Lärchennadelhonig

auf warmem Kartoffel-Butternut-Salat mit Zitronenthymian

 Für 2 Personen

Einen halben Butternutkürbis schälen, entkernen und in Rechtecke schneiden. Zusammen mit einer in sehr grobe Streifen geschnittenen Zwiebel auf ein Blech geben, einölen, salzen und pfeffern. Im Ofen bei etwa 160 Grad bissfest garen und etwas abkühlen, dann die Rechtecke diagonal halbieren. Den Ofen laufen lassen.

In einer Kasserole eine in feine Scheiben geschnittene Schalotte in 1 EL Butter und 1 EL Olivenöl glasig braten, mit ¼ Glas Weißwein ablöschen und mit einer Tasse Brühe (Gemüse oder Huhn) um etwa die Hälfte einreduzieren.

1 TL Lärchennadeln (alternativ gehackter Rosmarin oder Mohn) in 2 EL flüssigem, leicht erwärmtem Honig ziehen lassen.

Zwei dicke Scheiben Ziegenrolle in den Ofen geben und etwa 7 Minuten backen.

Doppelt so viele Pellkartoffeln (wie Kürbis) vom Vortag in halbe Scheiben schneiden, 1 EL gezupften Zitronenthymian daruntermischen, die warme Reduktion darüber geben, abschmecken mit Meersalz und frisch gemahlenem Pfeffer und einige Minuten ziehen lassen.

Anrichten: warmen Käse auf das Gemüse setzen und mit Lärchenhonig beträufeln, nach Geschmack noch mehr Zitronenthymian darüber zupfen.

Weitere Inspirationen: Knusprige Hähnchenbrust passt statt Käse dazu, Jakobsmuscheln oder ein gebratenes Fischfilet.

Aus dem Tagebuch einer freischaffenden Köchin am 18. März 2020

Ist das nicht schön?

Im Treppenhaus duftet es nach Essen. Nach Zwiebeln nach Butterbrutzel, nach zu Hause. Genau das habe ich mir in den fast 20 Jahren gewünscht, in denen ich Menschen kochen beigebracht habe. Wieder zu Hause kochen, jeder Mensch, für sich selbst, füreinander. Nicht als Challenge, sondern liebevoll.

Über eine Woche bin ich nun schon unfreiwillig ohne Arbeit und ich entschleunige, wie die Meisten, denen es gerade so geht. Existenzängste durchstreichen, Champagner drunterschreiben in rot. Ruhe bewahren, sich rückbesinnen an Omi, die gesagt hat: „Nich ärgern, bloß wunnern.“ Über eine Woche – und die Bude sieht immer noch aus wie Sau. Weil es Wichtigeres gibt als zu putzen. Das viele Wundern zum Beispiel. Über das Flimmern in unseren Augen, wenn wir „Desinfektionsmittel“ mit drei Fragezeichen sagen. Über das, was über den Rand unserer Einkaufswagen quillt. Über die Stimmfrequenz mit der wir Kindern sagen, dass sie nichts anfassen sollen. Und dann natürlich das Wundern darüber, dass es eines Wunders bedarf, dass wir überleben. Wirtschaftlich.

Egoistisch klingt das, denn schließlich geht die Gesundheit vor. Die körperliche Gesundheit Aller in dieser Gesellschaft, in dieser Welt voller Menschen, die essen und trinken, damit sie leben. Wie ich. Ich bin noch gesund und dankbar dafür. Bis vor zwei Wochen war ich auch noch wirtschftlich gesund. Ich bleibe ruhig und bin heilfroh, dass ich keine Angestellten habe, für deren Familien ich verantwortlich bin. Dass ich das Restaurant, das meine Lebensaufgabe war, nun nicht schließen muss, weil ich das schon vor ein paar Jahren hinter mich gebracht habe. Ich bin ruhig, froh und dankbar. Ich denke positiv, obwohl es mir an den Kragen geht, weil es im Treppenhaus gut riecht. Es ist so schön, dass Ihr kocht!

Und wenn der Spuk vorbei ist, in vier Wochen oder Monaten, dann habt Ihr’s drauf. Das ist gut, weil dann ein Großteil der Restaurants in Eurem Viertel pleite sein wird. Schlecht ist lediglich, dass es den Tresen, an dem ihr so gerne berichten würdet, was Ihr Geiles mit Nudeln und Klopapier gekocht habt, auch nicht mehr geben wird. Prost!

 

Letztes Glas im Stehen

INNERE WERTE – was ich richtig ekelig finde

Neulich hatte ich den vergnüglichen Auftrag, zwei Tage vor Publikum mit Innereien von Tieren zu kochen. Zwar bin ich keine Expertin darin, weil mir bei meiner Art, Tiere einzukaufen, selten mehr als eins oder zwei Exemplare desselben Organs in die Hände fallen – von Routine also keine Rede. Aber geschreckt haben Sie mich nicht, diese Inner- und Äußereien, denn was man essen kann vom totgemachten Tier, das soll man auch essen.

So schwelgte ich bergeweise Zungen, Herzen, Ohren und Lebern, um alles damit auszuprobieren, was in keinem Kochbuch steht. Mit Salbei, Polenta und Schokolade, mit nostalgischem, verzaubertem und angeekeltem Publikum – aber danke – probiert habt Ihr fast alle!

Dass Menschen sich vor Innereien fürchten oder ekeln, hat meines Erachtens zwei Gründe: „INNERE WERTE – was ich richtig ekelig finde“ weiterlesen

Flaschen sammeln im Paradies

Pasulj für Branko Vučić

Ich hatte mal eine frisch eingewanderte Bekanntschaft aus Serbien. Branko hatte in vielerlei Hinsicht das, was man bei jungen Männern Balkan-Mentalität nennt, sprich JBG im positiven Sinne – demzufolge auch ein brutal großes Herz. Er sagte: „Ich weiß gar nicht, warum die anderen Leute im Übergangswohnheim so viel auf Deutschland schimpfen, es ist doch das Paradies. In Serbien kannst Du nicht mal Flaschen sammeln!“ Das nenne ich mal eine positive Lebenseinstellung. Wir haben dann nicht über Leergutproblematik und Umweltschutz diskutiert, sondern etwas anderes Schönes gemacht. Serbischen Sprechgesang über Bluetooth gehört, Bier aus Glasflaschen getrunken und über das Kneten von Brotteig philosophiert, worüber er viel mehr wusste als ich. Das hat sehr gutgetan. Geheiratet haben wir nicht.

Schöne Zwiebel

Im letzten Sommerurlaub, in einem Nachbarland mit Meer waren die Bohnen auf dem Markt so schön. So habe ich eine bescheidene Pasulj gekocht und dabei noch mal an Dich gedacht. Acht Portionen zu einem Warenwert von unter einem Euro sind es geworden, stilecht angerichtet in der Apatinsko-Plastikflasche. добар апетит, mein Freund, bleib so, wie Du bist. Sieh das Paradies.

Zweites Leben für Plastikflaschen

Bohnen über Nacht einweichen, Zwiebeln, Knoblauch und Paprikapulver oder Flocken in ordentlich Olivenöl anbraten. Bohnen zugeben und mit Wasser bedecken. Wenn sie fast weich sind, Kartoffelwürfel zugeben. Pasulj schmeckt am nächsten Tag und am übernächsten, mit Petersilie und gebratener Kobasica, mit extra Schwarzkümmel und Chili, mit Paprika und Kapern, mit Feta oder Kaymak, frischen Tomaten oder geröstetem Knoblauchbrot.

Bohnen macht man irgendwie immer zu viel und das ist gut, denn ein zweite paradieshafte Eigenschaft unseres Landes sollte doch die sein, die jahrhundertelang als gestickter Wandbehang unsere Küchen zierte: „Acht sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.“

Wurst ist kein Spaß