Flaschen sammeln im Paradies

Pasulj für Branko Vučić

Ich hatte mal eine frisch eingewanderte Bekanntschaft aus Serbien. Branko hatte in vielerlei Hinsicht das, was man bei jungen Männern Balkan-Mentalität nennt, sprich JBG im positiven Sinne – demzufolge auch ein brutal großes Herz. Er sagte: „Ich weiß gar nicht, warum die anderen Leute im Übergangswohnheim so viel auf Deutschland schimpfen, es ist doch das Paradies. In Serbien kannst Du nicht mal Flaschen sammeln!“ Das nenne ich mal eine positive Lebenseinstellung. Wir haben dann nicht über Leergutproblematik und Umweltschutz diskutiert, sondern etwas anderes Schönes gemacht. Serbischen Sprechgesang über Bluetooth gehört, Bier aus Glasflaschen getrunken und über das Kneten von Brotteig philosophiert, worüber er viel mehr wusste als ich. Das hat sehr gutgetan. Geheiratet haben wir nicht.

Schöne Zwiebel

Im letzten Sommerurlaub, in einem Nachbarland mit Meer waren die Bohnen auf dem Markt so schön. So habe ich eine bescheidene Pasulj gekocht und dabei noch mal an Dich gedacht. Acht Portionen zu einem Warenwert von unter einem Euro sind es geworden, stilecht angerichtet in der Apatinsko-Plastikflasche. добар апетит, mein Freund, bleib so, wie Du bist. Sieh das Paradies.

Zweites Leben für Plastikflaschen

Bohnen über Nacht einweichen, Zwiebeln, Knoblauch und Paprikapulver oder Flocken in ordentlich Olivenöl anbraten. Bohnen zugeben und mit Wasser bedecken. Wenn sie fast weich sind, Kartoffelwürfel zugeben. Pasulj schmeckt am nächsten Tag und am übernächsten, mit Petersilie und gebratener Kobasica, mit extra Schwarzkümmel und Chili, mit Paprika und Kapern, mit Feta oder Kaymak, frischen Tomaten oder geröstetem Knoblauchbrot.

Bohnen macht man irgendwie immer zu viel und das ist gut, denn ein zweite paradieshafte Eigenschaft unseres Landes sollte doch die sein, die jahrhundertelang als gestickter Wandbehang unsere Küchen zierte: „Acht sind geladen, zehn sind gekommen, gieß Wasser zur Suppe, heiß alle willkommen.“

Wurst ist kein Spaß