Ich komme zu Hause an und mache meinen Koffer auf. Viel brauchte ich nicht für die vier Tage. Nur einen Anzug, ein paar Messer und meine allerbeste weiße Kochuniform. Die befindet sich nun in einer heterogenen Mischung aus Mehl und eingemachten Blaubeeren. Zwei Riesentüten hausgemachter Geschenke habe ich zum Abschied vom Mullixhiu bekommen, dem Restaurant in Tirana, bei dem ich am Wochenende als kulinarischer Botschafter gekocht habe. Gemeinsam mit Bledar Kola, dem dortigen Küchenchef haben wir im Auftrag der Deutschen Botschaft ein 7-Gänge-Menü mit albanischen und deutschen Zutaten gekocht. Mullixhiu, das heißt Müller.
Aus der hauseigenen Getreidemühle habe ein paar Kilo des frischesten Mehls, das ich je gegessen habe, im Koffer, Gott sei Dank zum Teil noch in Papiertüten, schnell gepackt zwischen Brot, geräuchertem Ricotta, Wein und eingelegten Walnüssen. Im Balkan hat Zeitmanagement eine andere Bedeutung als bei uns – wir hatten es mal wieder eilig vor der Abreise. Trotzdem haben wir alles fantastisch und mit Freude abgeliefert, auf sieben Tellern sind seine und meine Heimat vereint, begleitet von ausgesuchten albanischen Weinen. Pünktlich sogar! Zum Abschluss gab es Heidekorn aus Bremen, aromatisiert mit den Aromen meiner Kindheit: Wacholder und Orangenschalen. So, wie meine Mutter immer noch ihre beste Marmelade abschmeckt. Und so sah unsere albanisch-deutsche Fusion als Menü aus:
Menü mit dem besten aus dem Norden Albaniens und Deutschlands
Gekräuterter Kamm vom bunten Bentheimer / frische Feige / Buk Fika
Geräucherter Ricotta aus Fishtë / Salat / Leindotter-Dressing
Rote-Bete-Matjes-Tartar / Orange / Lieblingsgewürze / Traube in Granatapfelessig
Unfermentiertes Sauerkraut und Saft davon / Kürbiskerne und Öl davon
Gratinierter Kürbis / Filobrotchips / verbrannter Kürbis-Schalen-Vinaigrette
Wachtel in Narden-Jus / gebackener Kartoffelstampf / Knusperknipp vom Wildschwein / Salbei und Äpfel
Kürbis-Honig-Crème / Shtalb / Zuckerbrotkrumen / Blaubeeren / Granatapfel aus dem Feuer
Der Geschmack unserer Kindheit, das war etwas, das sich wie ein roter Faden durchs gesamte Menü zog. Bledar und ich, beide aktiv für die Slow Food Chef Alliance, haben uns unabhängig voneinander zur Aufgabe gemacht, die Küche unserer Groß- und Urgroßmütter zu erhalten, um unseren Kindern eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise zu ermöglichen. Wir reden viel von alten Sorten, fast vergessenen Spezialitäten von regionalen Kleinsterzeugern, traditionellen Techniken der Zubereitung und Haltbarmachung, Verantwortlichkeit gegenüber dem Produkt, der Landschaft und den Menschen. Denn respektvollen Blick zurück lässt sich die Zukunft nicht gestalten, so unsere Botschaft. Ich habe selten jemanden getroffen, der sich so wie ich für diese Sache einsetzt. Ohne uns abzusprechen haben wir perfekt an einem Strang gezogen, die gleiche Geschichte erzählt.
Zum Dank, als Andenken und um meinen Koffer wieder sauberzukriegen mache ich heute Blaubeerpfannkuchen, wie meine Großmutter Mariechen sie gemacht hat. Sie waren das Lieblingsessen aller Kinder des Dorfes in einer Zeit vor Pizza und Spaghetti. Dafür nehme ich Zutaten aus der Heimat von Bledar: eine der finanziell ärmsten Regionen Europas aber mit einem großen Reichtum an kulinarischem Kulturgut.
1 Tasse Vollkornmehl oder ½ und ½, 3 Eier und eine Prise Salz verquirlen, mit Milch zu einem dünnflüssigen Teig rühren, Zucker dazu bis es schmeckt. In ordentlich guter Butter von beiden Seiten ausbacken. Mit eingemachten oder frischen Blaubeeren essen. Nach Geschmack noch mit Zimtzucker oder Rosmarinzucker bestreuen.
Meine Omi war damals schon so plietsch (das kommt von politisch und heißt so viel wie clever), einen Weg zu finden, wie sie nicht stundenlang am Herd stehen musste, während die Familie aß. Sie machte das, was Köche heute mis en place nennen und stapelte die fertigen Pfannkuchen mit einer Schicht Blaubeeren dazwischen auf einer Tortenplatte. Den Stapel konnte man dann wie eine Torte aufschneiden und alle konnten gemeinsam essen. Großmütter sind sowieso ganz schön plietsch. Und hoffentlich für immer unvergessen.
Liebe Luka,
was soll ich sagen, ich tue es mit Hilfe des Googleübersetzers
Kam udhëtuar në frymë në Shqipëri
Ich reiste im Geiste gen Albanien
Danke dafür Jens
Liebe Luka !
Das war ja wohl eine spannende Reise. Schon bevor sie begann war es spannend.
Mehr höre ich gern live von Dir.
Sei herzlich gegrüßt von Barbara