Moin aus der Senfküche!
Eigentlich bin ich ja „die ohne Rezepte“, das werde ich auch bleiben. Aber Samstag durfte ich auf dem Open-Space-Domshof kochen und habe die Designerin Melanie Witte (Raus-in-die-Küche) kennengelernt. Ihre Masterarbeit ist eine mobile Küche, die einfach überall aufgebaut werden kann und dazu dient, Menschen im öffentlichen Raum die Gelegenheit zum gemeinsamen Kochen zu geben. So zum Beispiel am Samstag auf dem Domshofmarkt – wo sich Passanten nach dem Einkauf in die Küche stellen konnten, um gemeinsam mit Profis direkt ihre Mahlzeit zuzubereiten und nach Kochen und Fachsimpelei gemeinsam zu essen. Ich finde das ist ganz schön gut und vor allem gut gegen den Weltuntergang, nicht wahr?
Ich hatte nur ein Stündchen Zeit, daher habe ich mit den Open-Space-Machern beschlossen, einen kurzen Workshop zum Thema Senf und Kejap* selbst herzustellen, mit dem was da ist und dem Wissen, was drin ist. Damit auf den Luxus-Grill nicht nur schöne Lebensmitttel kommen, sondern auch schöne, kreative Sößchen ohne mysteriöse Zusatzstoffe und – plastikfrei. Senf, was ist das eigentlich? Ich habe bei einem kalten Kaffee darüber nachgedacht und nicht rausgefunden, warum man sagt, dass er dumm mache. Ich liebe Senf, auch wenn der Fleischermeister, bei dem ich Blutwurst machen gelernt habe, gesagt hat, dass man Senf nur braucht, wenn die Wurst Mist ist.
Eine kurze Geschichte vom Senf:
Er kommt im Ursprung aus Asien – nach Europa brachten ihn die Ägypter bevor er auch im antiken Griechenland und Rom beliebt wurde – allerdings nicht für`s Würstchen, sondern als Arznei und Aphrodisiakum. Senf, wie wir ihn heute kennen, ist Europas älteste Saucenzubereitung. Und nur für Sie, die fröhliche neugiere Dame auf dem Domshof, die meine Namen aus dem Fernseher kannte, will ich aufschreiben, wie man sie herstellt. Es geht ganz einfach:
Auf 50g helles, frisch gemahlenes Senfmehl benötigen Sie etwa eine Tasse süßsauerer Flüssigkeit, die Sie aus gewürztem Weißwein, Essig, Honig und Fruchtsäften oder Pürees herstellen können. Auf dem Domshof habe ich reduzierten Orangensaft mit etwas Zucker genommen – aber Dunkelbier mit Zuckerrübensirup ginge natürlich auch. Wichtig sind zwei Dinge: vor dem anrühren müssen alle Elemente unter 50 Grad Celsius haben, damit der Senf nicht bitter wird. Wenn Sie sicher gehen wollen, denken Sie an ihr Badewasser, wenn’s weh tut ist es schon über 40 Grad. Die Mischung sollte etwas dünner sein, als Sie Senf kennen, denn er zieht noch nach. Abgeschmeckt wird mit einer Prise Salz, eventuell mehr Süße oder Säure und Ihren Lieblingsgewürzen. Das war`s schon, das Grundprinzip. In saubere Gläschen füllen, beschriften, selbst genießen zu Fleisch, Fisch oder Käse, für Dressings und Saucen, zum Verschenken. Wenn Sie sauber gearbeitet haben, hält der Senf im Kühlschrank mehrere Monate. Und das beste: er verändert sich wie ein guter Wein. Probieren Sie mal nach drei Tagen, nach zwei Wochen und nach zwei Monaten oder laden Sie Freunde auf ein Senftasting ein – mit einer schicken Käseplatte zum Beispiel.
Ich habe schon als Kind so gerne Senf gegessen, das meine Eltern gefragt haben, ob man auch mal was ohne Senf essen könnte. Was ich heute, als Köchin aber sehr daran schätze, sind die unendlich kreativen Möglichkeiten, ihn herzustellen – je nach Laune, Anlass und Verwendungsart. Für Wild: Wacholder oder Lorbeer, Fenchel für Fisch, Mango und Ingwer für Asiatisches, Frische oder Trockenfrüchte für Käse. Und erst die Flüssigkeiten. Warum nicht Spätburgunder- oder Craftbiersenf? Hochzeits- Weihnachts- oder Geburtstags-Senf? Kümmel? Apfelwein? XXX-Schärfe mit Pfeffer und Chili noch dazu? Mediterrane Varianten mit Dörrtomaten, Oliven oder Kapern? Und was ist mit all den frischen Kräutern? Estragon, Koriander, Majoran, Dill? Achja, und Nüsse! Ich habe zum Beisiel gerade einen mit Walnuss und kandierten Orangenschalen gemacht.
Ich hatte durch Zufall diese schicken Orangenschalen zur Verfügung. Meistens hat man sowas nicht im Kühlschrank. Und auch hier: feel free. Nimm doch Marmelade. Es muss auch nicht immer die ganz große Virtuosität sein. Willst Du schnell zum Käse am Abend eine feinfruchtige Senfsauce haben? Trau Dich an den Discounter-Senf und verrühre ihn mit Aprikosenmarmelade oder Quittengelée. Erzähl unbedingt Deinem Gegenüber, Du hättest das aus einem Mailänder Delikatessenladen mitgebracht und beobachte, was passiert. Improvisation ist alles! Gehe aber nicht so weit wie ich im Titelbild, das Würstchen nur mit Edding zu malen, weil Du gerade keins da hast. Du weißt ja, Wurst ist kein Spaß.
* ich schreibe das nicht so, weil ich als Kind zu viel Senf gegessen habe. Das ist die Ursprüngliche Schreibweise. Aber das ist eine andere Essgeschichte, kiek mol wedder rin oder gib Deinen Senf dazu!
PS: im Menü unter KOCH & COACH findest Du auch etwas darüber, was ich den ganzen Tag so mache, wenn ich nicht hauptberuflich über Senf nachdenke. Klick auf webportfolio über dem Foto von mir. Es leuchtet blau. Bis bald!