Immer, wenn ich tagsüber Bier trinke, muss ich an meine Ex denken, zu der ich nie „Musst Du schon wieder industriell hergestellten Fruchtjoghurt essen?“ gesagt habe. Dabei wissen wir doch alle, wieviel Zucker und Zusatzstoffe da drin sind, von denen wir dagegen nicht wissen, welchen Krebs sie möglicherweise auslösen. Ich ärgere mich nicht, sondern lächle über mein Bier hinweg auf den Fluss und denke an die schöne Zeit miteinander zurück. Es war ja irgendwie auch fürsorglich gemeint, denke ich mir. Zumindest hat das meine Therapeutin gesagt.
Sie hatte es ja auch nicht leicht, als Frau eines Küchenchefs. Manche denken ja wirklich, wenn man einen Koch heiratet, ist die Versorgungslage – zumindest kulinarisch – geklärt. Natürlich ist das Gegenteil der Fall, denn Köche kochen nicht zu Hause. Frauen von Köchen werden vergessen, versetzt und aus der ersten Reihe des Lebens geschubst. Sie sind sowohl gesellschaftlich als auch in der Küche auf sich allein gestellt. Heute kann ich schmunzeln über unsere ersten Versuche, gemeinsam zu kochen. Wie sie mich damals verrückt gemacht hat mit ihrem albernen Schwammtuch, ihrem stumpfen Messerchen, mit allem – wie sie war.
Ihr komplettes Leben muss zweigeteilt gewesen sein. In Arbeitsleben und Freundeskreis, ereignisreiche Tage, lauschige Abende – und mich. Gut, am Ende war ich vielleicht nur noch zehn Prozent. Ich kam spät nach Hause, ging nicht ans Telefon (ArbeitArbeit) und fing irgendwann auch an zu lügen (ArbeitArbeit), weil ich einfach mit Boujong und den Jungs noch einen saufen wollte, um damit fertig zu werden, wie Leute wie ihresgleichen sich in Restaurants benehmen.
Ich möchte gar nicht wissen, was sie damals alles in sich reingefressen hat. Einerseits wegen mir und ihrer anderen Vorstellung von Zusammenleben, andererseits in den „Restaurant“ genannten Etablissements, in das Ihre Kollegen gerne gingen und einen auf was Leichtes machten. Heute nur Salat essen, auf zwei Teller und mit extra viel Dressing. Caesar‘s bitte. Und Bio, weil das nicht dick macht. Dabei war sie gar nicht dick.
Zugegeben, wirklich viel Zeit habe ich mit Carolyn in den 14 ½ Jahren nicht verbracht. Aber eins weiß ich: sie hatte schon immer einen Sinn für gutes Essen. Und wäre sie mit mir, statt mit den Schickis aus der Agentur unterwegs gewesen, hätte sie es sich auch bestellt. Sie hätte sogar mittwochs Knoblauch gegessen. Aber das ging natürlich nicht, denn Knoblauch bringt zwischen USM-Büromöbeln keine Punkte. Ich hätte besser auf sie aufpassen sollen.
Wo sie heute ist, weiß ich nicht. Aber ich wünsche mir sehr, dass sie sich manchmal – ganz heimlich mit ihrem albernen kleinen Messerchen – eine Mahlzeit zubereitet wie die, bei der ich mich endgültig in sie verliebt habe. Ein Frühstück mit Fett, Fisch, Knoblauch und stinkendem Käse. Warum man sich wegen Essen in jemanden verliebt, habe ich noch nicht ergründen können. Sie hat es ja nicht gekocht, sondern nur gegessen und dabei so schön gedankenverloren ausgesehen. Oder war ich einfach glücklich, dass sie kein Marmeladebrot-Typ war? Man weiß es nicht. Vielleicht lag es auch an der Nacht davor.
Pro Person brauchen Sie mindestens zwei Knoblauchzehen und eine kleine, scharfe Chili. Schneiden sie sie fein und lassen sie in kräftigem Olivenöl durchziehen, rühren dann mit etwas Honig und Senf und dem Abrieb und Saft von einer Zitrone pro Person ein Dressing. Meersalz und Pfeffer zum Abschmecken müssten genügen, ich nehme noch gern einen Spritzer Nam Pla dazu.
In dieses Dressing geben Sie in paar rote Zwiebelstreifen, Tomaten, Gurken, Spinatblätter oder etwas anderes, was bei Ihnen so rumliegt. Frische Feigen sind wohl eher selten. Und Avocado soll man ja nicht mehr. Kapern? Spitzpaprika? Altes Brot? Ich mag gern übrig gebliebenes Fladenbrot als Bröckchen im Salat, die sich dann mit Zitrone, Öl und den Gemüsesäften vollsaugen.
Zupfen Sie eine Büchse schöne Sardinen in mundgerechte Stückchen und verteilen sie auf dem Salat. Ein paar geröstete Walnusskerne noch und zerkrümelten Käse. Roquefort zum Beispiel. Und frische Kräuter nach Laune. Ich habe morgens meistens Petersilie oder Korianderlaune. Es sei denn, es gibt noch ein 5 Minuten-Ei dazu. Dann Schnittlauch. Oder Estragon? Sie sind der Chef.
*Bierchen dazu?