Was ist ein schönes Leben?

  “Ich will, dass wir ein schönes Leben haben.“ Das hat Johann gesagt. Zum ersten Mal, als wir 2010 gemeinsam die Firma verließen, um frei zu sein. Das zweite Mal, als wir zusammen die unsere gründeten, die eine schöne, leidenschaftliche Zeit brachte, aber auch sehr viel kostete. Zeit, Geld und unser Liebesleben mit dem Gedanken von für immer. Das dritte Mal sagte er es, als wir den Laden zumachten, um wieder uns selber zu gehören. Wer immer wir damals noch waren.

Aber was ist das – ein schönes Leben? Die Jahre danach waren es gewiss nicht. Allein das Rausfinden, was von einem noch übriggeblieben ist, wenn alles um Dich herum nicht nur zusammenfällt sondern verschwindet. Wie wenn jemand stirbt, der immer da war, die Definition seiner selbst. Für den einen bestimmt sich ein schönes Leben durch Statussymbole, für den anderen sind es Kinder, die Deine Spuren in der Welt hinterlassen. Ein geregeltes Einkommen kann es ausmachen, schöne Kleider, Freunde, die einem zuhören in der Not, treue Sauf-Kumpanen, ein sauberer Ruf, ein freistehendes Reihenendhaus am Meer, gelegentlicher Geschlechtsverkehr oder Erfolg im Beruf. Oder auch die Freiheit, seine Meinung sagen zu dürfen, gesunde Beine oder eine heiße Dusche.

Je älter ich werde, desto sicherer weiß ich, dass das schöne Leben genau wie das Glück in den kleinen Momenten liegt. In der Minute Zeit am Morgen zu sehen, wie sich die Sonne durch die Blätter schleicht. Ein freundlicher Busfahrer. Der Duft von Butter, wenn man sie in warmen Kartoffeln zermatscht – so wie damals meine Großmutter, als ich Fieber hatte.  Sie hat die Bettdecke auf dem Ofen vorgewärmt – überhaupt Erinnerungen. An Reisen, an lustige und schwere Momente mit Menschen, die längst vorüber sind. Glücklich bin ich dann, wenn ich sie sehen kann, diese kleinen Momente. Weil mein schönes Leben sich die Zeit und die Aufmerksamkeit nimmt, sie zu betrachten.

 

Heute, am Sonntagmorgen, habe ich zum Beispiel gemerkt, in was für einem Luxus ich lebe. Brot, selbst gebacken mit life gemahlenem Mehl, ein Abschiedsgeschenk aus der alten Mühle in Tirana, alten Käse vom Markt in Rotterdam, unterwegs auf der Schiffsreise gekauft. Weltklasse Kurkuma, Mitbringsel einer Freundin aus Mersin, Paté von meiner Lieblingsbarfrau, die gerade ihren Liebsten in Paris besucht hat, getauscht gegen ein Pfund Bohnenkaffee, Bergtee aus dem letzten Montenegro-Urlaub, selbst gepflückt. Mein schönes Leben, das hat natürlich mit Haben zu tun. Einen Ofen zum Beispiel. Aber auch mit Können, zum Beispiel Gewürze mischen und Brot backen. Damit, etwas erlebt zu haben, das einem keiner pfänden kann, nicht mal in Deutschland. Freie Sonntage und Zeit, im Bett zu frühstücken. Vielleicht sogar mit jemandem, mit dem man gut teilen kann. Sein einziges schönes Leben.

Genieß Dein Leben und wenn Du Lust hat, back mal so ein Brot, wie Johann es mir vor über 15 Jahren beigebracht hat. Ich werde nie ein Brot backen ohne an ihn zu denken.

Gute Butter

 

Gewürzbrot mit Kurkuma

 500 g Mehl Deiner Wahl

1 Würfel oder Päckchen Hefe

1 EL Kurkuma

1 TL Schwarzkümmel

1 TL Meersalz

½ Tasse gutes Öl (meins ist von Edith aus Mythimna)

Honig oder Zucker

Deine Lieblingsgewürzmischung

(meine ist im Winter Fenchel, Kumin, Kümmel, Koriander, Pul Biber, schwarzer Pfeffer, alles spitze für’s Immunsystem)

So einfach geht das:

  1. Hefe mit 1 TL Honig oder Zucker in etwas lauwarmem Wasser zum Schäumen bringen
  2. trockene Zutaten mischen, Hefe und Öl dazu kneten, lauwarmes Wasser zufügen, bis der Teig glatt ist, eine Stunde bei Raumtemperatur gehen lassen
  3. Ofen auf 180 Grad anheizen
  4. Auf bemehlter Fläche noch mal kneten und 30 Min gehen lassen
  5. Fancy Muster mit der Schere hineinschneiden
  6. 20 Minuten bei 180°C backen, dann weiter bei 120°C, bis es hohl klingt

 

Das ist nur der Anfang. Natürlich gab es auch Eier und Salat. Und Senf.

3 Gedanken zu „Was ist ein schönes Leben?“

  1. Liebe Luka, es ist 7.40 Uhr und ich habe soeben deinen liebevollen Text gelesen und gehe jetzt mit der 1. Schönen Begegnung in den Tag.. ❤️🙏

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